Heute möchte ich mich einem der wohl wichtigsten Themen für Frauen widmen: dem weiblichen Zyklus. Durch persönliche Erfahrungen und durch meine Arbeit fällt mir dabei immer wieder auf, wie tabuisierend wir als Gesellschaft mit diesem sehr natürlichen Prozess umgehen. Häufig fehlt es dabei sowohl an Wissen als auch an Wertschätzung für die komplexen Prozesse des Körpers. Ich wünsche mir, dass wir Frauen im wahrsten Sinne des Wortes SELBST BEWUSSTER mit unserem Zyklus umgehen und auch ins Gespräch darüber kommen. Nur so wird zum Beispiel klar, dass jede Frau ihren ganz eigenen Zyklus hat. Häufig beschriebene tagesgenaue Angaben zu Eisprung oder Zykluslänge sollten deshalb wirklich nur als Mittelwert verstanden werden und eine Abweichung davon nicht automatisch ein Grund zur Sorge sein. Mein Lieblingsbeispiel zu diesem Thema ist, dass nur etwa 13% der Frauen einen „klassischen“ 28-Tage-Zyklus haben, der ja aber häufig als Standard angegeben wird… Um für diese Themen ein besseres Gefühl zu bekommen, möchte ich in diesem Beitrag unter anderem folgende Fragen beantworten:
Was passiert während eines Zyklus in deinem Körper? Welche Hormone sind beteiligt und für was verantwortlich? Wo verläuft die Grenze zwischen gesunden Schwankungen und bedenkenswerten Abweichungen?
Vor allem wenn du natürlich verhüten willst oder zyklusbedingte Beschwerden hast, ist das Wissen über die Abläufe in deinem Körper besonders wichtig für dich. Meiner Meinung nach ist es aber für jede Frau grundlegend, die selbstbestimmt Entscheidungen zu ihrer Gesundheit treffen möchte.
Die erste Hälfte deines Zyklus wird als Eireifungs- oder Follikelphase bezeichnet.
Sie umfasst den Zeitraum vom ersten Tag deiner Periode bis zum Eisprung. Wenn die Eizelle aus dem vorherigen Zyklus nicht befruchtet wurde, sinkt der Progesteronspiegel. In der Folge wird deine Gebärmutter weniger durchblutet. Dadurch wird die oberste Schicht ihrer Schleimhaut abgestoßen und deine Blutung beginnt. Sie sollte zwischen drei und sieben Tage andauern, wobei du normalerweise zwischen 50 und 100 Milliliter Blut verlierst. Gleichzeitig bereitet dein Körper alles vor, um die nächste Eizelle heranreifen zu lassen. Dazu kommunizieren deine Eierstöcke ständig mit deinem Gehirn, genauer gesagt mit Hypothalamus und Hypophyse: Östrogen- und Progesteronspiegel sind wie gesagt zu Beginn deiner Periode sehr niedrig. Dadurch wird der Hypothalamus aktiviert, der wiederum der Hypophyse ein Signal gibt, damit sie FSH (Follikelstimulierendes Hormon) ausschüttet. Dieses lässt mehrere Follikel im Eierstock heranreifen, welche Eizellen enthalten. Diese Follikel produzieren Östrogene, was nach deiner Blutung zum erneuten Aufbau deiner Gebärmutterschleimhaut führt, eine Öffnung deines Gebärmutterkanals und eine Verflüssigung deines Zervixschleims bewirkt. Pro Zyklus bildet sich genau einer dieser Follikel zum sog. Graaf-Follikel aus. Er produziert noch mehr Östrogen – bis zum Überschreiten eines Schwellenwertes. Wird dieser Schwellenwert über 48 Stunden gehalten, veranlasst das wiederum die Hypophyse zu einer schlagartig einsetzenden Ausschüttung von LH (Luteinisierendes Hormon) und FSH. Das führt zum Eisprung, wobei der Graaf-Follikel platzt, damit die darin enthaltene Eizelle in deinen Eileiter hüpfen kann. Voilà, fertig ist die erste Hälfte! 🙂
Die zweite Hälfte deines Zyklus wird als Gelbkörper- oder Lutealphase bezeichnet.
Sie beginnt nach dem Eisprung und endet einen Tag vor dem Einsetzen deiner nächsten Blutung. Im Gegensatz zur ersten Zyklusphase, deren Länge sehr unterschiedlich ausfallen kann, dauert die zweite Zyklusphase bei gesunden, nicht schwangeren Frauen meist zwischen 10 und 16 Tagen an und schwankt nur sehr wenig (1-2 Tage). Eine verkürzte Lutealphase, also unter 10 Tagen, deutet auf eine Gelbkörperschwäche hin und kann mit verschiedenen Beschwerden einhergehen. (Dazu ein andermal mehr.) Eine verlängerte wiederum (über 18 Tage) zeigt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eine Schwangerschaft an.
Was passiert nun aber während deiner zweiten Zyklushälfte?
Erinnerst du dich noch an den Graaf-Follikel, der geplatzt ist, damit die Eizelle springen konnte? Genau der wandelt sich jetzt mithilfe des LH, was ja auch für den Eisprung verantwortlich war, in den sogenannten Gelbkörper (Corpus luteum) um und produziert Hormone, v.a. Progesteron und auch etwas Östrogen. Ersteres ist die entscheidende Zutat für diese Phase. Es sorgt dafür, dass dein Körper alles für eine mögliche Schwangerschaft vorbereitet – deine Gebärmutterschleimhaut verdickt sich und wird gut durchblutet, dein Gebärmutterhals (Zervix) verengt und dein Zervixschleim verfestigt sich. Das Progesteron führt außerdem zu einem Anstieg deiner Körpertemperatur. Wenn eine Befruchtung stattgefunden hat, kann sich das Ei nun in die Gebärmutterschleimhaut einnisten. Das Progesteron steigt dann weiter an, um die Schwangerschaft aufrecht zu erhalten. Gab es keine Befruchtung, bildet sich der Gelbkörper zurück und der rasante Progesteronabfall führt zur nächsten Blutung.